30. November 2015 von JM
Tokio (JAPANMARKT/fr) – Die japanische Wiederaufbereitungsanlage für abgebrannte nukleare Brennelemente geht erst im Herbst 2018 in Betrieb. Stur wird an der Plutonium-Fabrik festgehalten, obwohl sie sich nur noch schwer rechtfertigen lässt.
Neue Sicherheitsauflagen
Der Start der über 15 Milliarden teuren Fabrik zum Recycling von Plutonium im nördlichen Küstenort Rokkasho wurde damit zum 22. Mal verschoben. Eigentlich sollte die Fabrik schon 1997 fertig sein. Doch lange Zeit gab es Probleme mit dem Einglasen des Atommülls. Jetzt muss die Fabrik noch die nach dem Fukushima-Unfall verschärften Sicherheitsauflagen erfüllen.
Wegen der riesigen Mengen von hochradioaktiven Flüssigkeiten und dem komplexen Leitungssystem ist die Anlage besonders durch Beben und Tsunami gefährdet. Außerdem braucht die Anlage ein zweites, doppelt so großes Kontrollzentrum, das im felsigen Untergrund verankert werden muss. Das bisherige Kontrollzentrum wurde erst 2011 errichtet.
Kreislauf ohne Schnellen Brüter
Die Fabrik wurde ursprünglich für einen geschlossenen Brennstoffkreislauf aus Uran und Plutonium gebaut, der im Jahr 2100 zustande kommen sollte. Dafür wollte Japan auch Schnelle Brüter entwickeln. Doch der einzige Versuchsbrüter Monju ist ein technisches und finanzielles Desaster. Das Aus für den Brüter ist wohl nur noch eine Frage der Zeit.
Dennoch wird die Kreislaufidee in Japan nicht hinterfragt, weil sie Autarkie in Energiefragen verspricht. Statt in Schnellen Brütern will man das recycelte Plutonium in MOX-Brennelementen, die aus Uran und Plutonium bestehen, weiter nutzen. Die dafür notwendige Fabrik – ebenfalls in Rokkasho – verzögert sich jedoch bis mindestens 2019.
Atommüll außer Kontrolle
Ein zweiter Grund für das sture Festhalten an der Wiederverwendung von Plutonium ist der wachsende Atommüll von Japan. Die provisorischen Zwischenlager in den Reaktoren sind in wenigen Jahren voll, auch in Rokkasho ist bald kein Platz für die angelieferten Brennstäbe mehr. Die Fabrik würde daraus jedes Jahr 9 Tonnen Plutonium produzieren und die Zahl der abgebrannten Brennelemente damit reduzieren.
Doch die meisten Experten sind sich einig, dass es angesichts der niedrigen Uranpreise und der teuren Wiederaufarbeitung wenig Sinn ergibt, Plutonium zu extrahieren. Je weniger Atomkraftwerke es zudem gibt, desto weniger rechnet sich die Wiederaufarbeitung. Für den Stromkunden wäre es billiger, wenn die abgebrannten Brennelemente sofort zwischen- bzw. endgelagert würden. Dennoch gibt es niemanden in Japan, der diesen Vorschlag macht.
Ein Grund dafür ist, dass alle Experten für die Atomindustrie arbeiten. Als zweiten Grund nennen Beobachter, dass ein funktionierendes Zwischenlager für Atommüll fehlt, geschweige denn ein Endlager. Doch es gibt Druck aus dem Ausland: Japan hat 48 Tonnen Plutonium angehäuft – genug für fast 6.000 Atombomben. China und Korea misstrauen daher Japans Erklärung, dass man damit Brennstoff für Atomkraftwerke produzieren will.
http://www.japanmarkt.de/2015/11/30/trends/energie/plutonium-fabrik-verzoegert-sich-bis-2018/