Besuch im „Minna no ie“ in Rikuzentakata

Am 10.9.2014 empfing die Initiatorin des Projekts Frau Mikiko Sugawara die Studentengruppe der Summer School Sanriku Fukkou im Gemeinschaftshaus: „Minna no ie“ in Rikuzentakata. Frau Sugawara berichtete von ihren persönlichen Erlebnissen während des Tsunamis und der darauf folgenden schweren Zeit. Sie war so aktiv in der Versorgung der Evakuierten, dass sie ihr eigenes Leid zurückdrägen konnte. Das Haus ist im November 2012 eingeweiht worden, nachdem es auf der Biennale in Venedig einen Preis bekommen hat. Es wurde von der Bevölkerung gut aufgenommen. Viele Menschen kommen dorthin, um die besondere Gemütlichkeit dieses Ortes zu genießen und sich in Gesellschaft auszutauschen. Vor allem kommen aber auch viele Ausländer, da dieses Haus von sehr bekannten japanischen Architekten gebaut wurde: Siehe Artikel:

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Nach der Flut

Text: Murielle Hladik Fotos: Naoya Hatakeyama

Am 18. November 2012 wurde im japanischen Küstenstädtchen Rikuzentakata ein Gemeindehaus eingeweiht, das auf Initiative von Architekten als „Minna no ie“ (Haus für alle) entstanden ist. Es ist Teil einer Serie partizipatorisch entwickelter Bauten, die den Bewohnern der durch Tsunami und Erdbeben verwüsteten Tohoku-Region als Gemeinschaftseinrichtungen und Begegnungsstätten dienen sollen. Nachdem das Projekt auf der Biennale in Venedig den Goldenen Löwen erhalten hatte, wurde die Einweihung vor Ort mit Spannung erwartet.

Gleich nach der Flutkatastrophe im März 2011 hatten sich die Architekten Toyo Ito, Riken Yamamoto, Kengo Kuma, Hiroshi Naito und Kazuyo Seijima zusammengesetzt, um über konkrete Hilfsmaßnahmen nachzudenken. Von Ito kam der Vorschlag, eine Gemeinschaftseinrichtung zu bauen, um den Mangel an öffentlichen Räumen zu beheben, der in den notdürftig zusammengeschobenen Containerdörfern allenthalben vorherrscht. Dieser akute Mangel an Orten der Begegnung ist umso bedrückender, als insbesondere in der Wiederaufbauphase ein hohes Maß an kollektiver Anstrengung, Interaktion und Koordination gefordert ist. Zusammen mit seinen jüngeren Kollegen Kumiko Inui, Sou Fujimoto und Akihisa Hirata entwickelte Ito die Idee, neue Gemeindehäuser, die einem prototypischen Entwurf folgen, auf das verwüstete Küstengebiet zu verteilen. Nachdem die Planergruppe international zur Einreichung von Entwürfen aufgerufen hatte, war die Resonanz enorm. Architekturstudenten, aber auch Kinder aus aller Welt reichten mehr als 900 Projektvorschläge ein, von denen eine Auswahl auf der Biennale in Venedig gezeigt wurde. Das neue Gemeindehaus von Rikuzentakata entstand auf dringenden Wunsch der lokalen Bevölkerung, die in der Flutkatastrophe alles verloren hat. Das neue „Haus für alle“ steht als ein Zeichen der Hoffnung, ein Anstoß für die Revitalisierung der ganzen Region auf einem Hügel inmitten einer verwüsteten Landschaft. Der Bau verdankt seine Existenz insbesondere Frau Mikiko Sugawara, die gemeinsam mit BürgervereinigunIn der von Tsunami und Erdbeben 2011 ausgeräumten Landschaft steht das neue Gemeindehaus in Rikuzentakata für einen tastenden Neuanfang gen das Projekt vorangetrieben hat. Zur Einweihung am 18. November kamen fast 300 Menschen. Auf dem Höhepunkt der Festveranstaltung warfen Frau Sugawara und die Architekten glücksbringende Reiskuchen in die Menge der versammelten Einwohner, Handwerker, Unternehmer und Sponsoren. Zuvor gab es einige Redebeiträge: Während Frau Tae Mori von der Japan Foundation, die das Projekt finanziell unterstützt hat, die gebaute Umsetzung der in Venedig ausgestellten Idee begrüßte, lobte Toyo Ito das Engagement der lokalen Bevölkerung und den Mut zum Neubeginn nach der Naturkatastrophe. Der Entstehungsprozess von „Minna no ie“, einem durch freiwillige, kollektive Anstrengung zustande gekommenen Gemeindezentrum, verlief nicht in herkömmlichen Bahnen: Die vier Architekten haben Größe bewiesen, und ihre individuellen Gestaltungsansprüche den Fragen des lokalen Bedarfs und des Gemeinsinns unterordneten, die Handwerker und die am Bau beteiligten Unternehmen haben nur einen Teil der tatsächlich aufgewendeten Arbeitszeit in Rechnung gestellt. Kollektive Identität und Erinnerungen Nachdem die Trümmer beseitigt waren, kamen in den verwüsteten Landstrichen Fragen nach dem Wert der verschwundenen Architektur auf. Was soll wiederhergestellt werden? Welche Bauten haben eine besondere Bedeutung für die Erinnerung? Welche der zerstörten Bauten werden schon bald ganz vergessen sein? Außer den zahlreichen Menschenleben ist tatNach der Flut Text: Murielle Hladik Fotos: Naoya Hatakeyama Am 18. November letzten Jahres wurde im japanischen Küstenstädtchen Rikuzentakata ein Gemeindehaus eingeweiht, das auf Initiative von Architekten als „Minna no ie“ (Haus für alle) entstanden ist. Es ist Teil einer Serie partizipatorisch entwickelter Bauten, die den Bewohnern der durch Tsunami und Erdbeben verwüsteten Tohoku-Region als Gemeinschaftseinrichtungen und Begegnungsstätten dienen sollen. Nachdem das Projekt auf der Biennale in Venedig den Goldenen Löwen erhalten hatte, wurde die Einweihung vor Ort mit Spannung erwartet. 6 betrifft Nach der Flut Bauwelt 4| 2013 Bauwelt 4| 2013 7 ächlich nicht nur der Verlust menschlicher Artefakte zu beklagen, sondern auch der Verlust des Grundes, auf dem sie einst errichtet wurden. Die gesamte wirtschaftliche, geistige und soziale Landschaft der Küstenregion hat sich radikal ver- ändert. Dieser Wandel wurde von dem Fotografen Naoya Hatakeyama eindringlich festgehalten. Hatakeyama stammt aus Rikuzentakata und fotografierte immer wieder die Landschaft seiner Kindheit, bevor der Tsunami die Hafenstadt, in der 23.000 Einwohner lebten, fast vollständig dem Erdboden gleichmachte. Die fotografische Arbeit von Hatakeyama, einem der Akteure von „Minna no ie“, förderte den Dialog der am Projektbeteiligten Gruppen und Verbände. Die Bilder der Erinnerung unterstützten die Wiederherstellung sozialer Bindungen. Der Neubau Das Projekt nahm bereits im Verlauf der ersten Treffen im Oktober 2011 Gestalt an. Im Dezember wurden Entscheidungen vor Ort bezüglich des Grundstücks und seiner Zugänge getroffen. Im Juni 2012 begann die Phase der Realisierung, die das Team der Zimmerleute aus der Präfektur Yamagata vier Monate lang in Anspruch nahm. Für die Tragstruktur des Gemeindehauses wurden vom Tsunami entwurzelte rote Zedern verwendet. Die grobschlächtigen Tragglieder wirken wie archaische Säulen und erinnern an die monumentalen Holzpfeiler japanischer Shinto-Schreine. Von großer Bedeutung ist auch die sinnliche Materialität des Holzes, dessen Geruch die Innenräume des Baus ganz ausfüllt. Das Gemeindehaus, dessen vielseitig nutzbaren Räume in ein Bündel von aufragenden Holzsäulen eingefügt sind, vermittelt den Eindruck eines unfertigen, lebendigen und offenen Kunstwerks. Außer den Volumina des Hauses tragen die massiven Stämme auch die Treppenanlage, die den Bau spiralförmig umfängt. Auf dem Weg nach oben laden großzügige Plateaus zum Verweilen ein. Schon jetzt dienen sie als Treffpunkt, aber auch als Aussichtsplattform mit Blick in eine offene Landschaft, in der nichts mehr so ist, wie es einmal war. Schließlich muss noch die zentrale, sehr einfache Herdstelle erwähnt werden: In der alles umhüllenden Wärme des Holzfeuers wird diskutiert, gekocht und gegessen. In elementarer und archaischer Weise entsteht in der Gemeinde Rikuzentakata die Architektur neu. Es wäre völlig verfehlt, ihre spröde Qualität mit dem Fetischcharakter der publizistisch gewürdigten Bauproduktion unserer Tage zu vergleichen. An der Architektur des „Minna no ie“ sind auch nicht die formalen Ambitionen begnadeter Entwerfer abzulesen. Es verkörpert vielmehr den einfühlsamen und tastenden Versuch, den traumatisierten Menschen zu entsprechen, denen der Rahmen ihrer alltäglichen Rituale so tragisch abhanden gekommen ist und die an ihrem kaum mehr wiederzuerkennenden Ort aufs Neue heimisch werden wollen.

German woman encourages youth exchange through support of tsunami-hit Sanriku region

German woman encourages youth exchange through support of tsunami-hit Sanriku region

Gesa Neuert, organizer of a German-Japanese summer school. (Mainichi)
Gesa Neuert, organizer of a German-Japanese summer school. (Mainichi)

What began as a training session in Tokyo some 30 years ago has turned into a lifelong connection to Japan for one German mother of four.

In 1984, Gesa Neuert, who was then doing research on metabolic physiology at a university in Germany, took part in a training session at the University of Tokyo. She became fascinated with the people and culture of Japan, and became involved in Japanese-German exchange programs. Since 2003, when Neuert became the deputy chairman of the Association of German-Japanese Societies, she has organized homestays for over 800 young people from both countries.

Following the 2011 Great East Japan Earthquake and tsunami, the German-Japanese Synergy Forum (DJSF) was established to encourage exchange between young people of both countries while supporting recovery in the disaster-hit areas, and Neuert became the organization’s president. The following year, it held its first DSJF Sanriku Fukkou Summer School session, in which students from both Japan and Germany got together and visited areas that were devastated by the 2011 disaster to learn how communities were rebuilding.

In March this year, as Neuert was preparing for DJSF’s second summer school session, she was diagnosed with breast cancer. She had surgery to remove the malignant lesions and underwent drug therapy. Initially, doctors had told her that treatment would last until early September. Her treatment period was cut back, however, when Neuert insisted that she had to run summer school.

When Neuert first arrived in Japan for this year’s three-week session in September, she was unwell due to the side effects of the drugs she’d been taking. But she couldn’t help but be moved by a traditional shishi (deer) dance performance at a Shinto shrine in Otsuchi, Iwate Prefecture that to her was evidence of the people starting to get their beloved hometowns back. In Kesennuma, Miyagi Prefecture, meanwhile, she expressed misgivings about government plans to build a massive concrete seawall, saying, „Concrete will not bring back the landscape and lives that have been lost.“

Running the summer school is not easy. But Neuert believes exchange between youths is indispensable for the future of both Japan and Germany. For now, though, she will focus on regaining her strength, so that she can come back again next year.

ひと:ゲーザ・ノイエルトさん=被災地で日独学生の交流を図る

毎日新聞 2014年10月10日 東京朝刊

ゲーザ・ノイエルトさん=中西啓介撮影
ゲーザ・ノイエルトさん=中西啓介撮影
 http://mainichi.jp/shimen/news/20141010ddm008070124000c.html

 ◇ゲーザ・ノイエルト(Gesa Neuert)さん(58)

約3週間に及ぶ「第2回独日三陸復興サマー・スクール」を企画し、9月に日独の学生らと東日本大震災の被災地を訪ねて復興の現状を学んだ。 ドイツの大学で代謝生理学の研究をしていた1984年、東京大での実習に参加。日本の人と文化に魅了され交流活動に携わるようになった。独日連合協会の副会長だった2003年から、800人以上の若者を両国にホームステイさせた。

11年3月の東日本大震災後、両国の若者が交流しながら被災地の復興を支援しようという社団法人「独日三陸復興シナジーフォーラム」が設立されると、代表に就いた。翌年には初のサマースクールを開催した。

今回の計画を練っていた今年3月、突然乳がんと診断された。手術で病巣は切除したが、抗がん剤治療は続く。最初、治療は9月初めまでと医師に告げられたが「スクールが開けなくなる」と抵抗し、期間を短縮した。

来日後、副作用で手足がむくむなど、体調はすぐれなかった。だが、岩手県大槌町の神社で見た鹿子(しし)踊りには胸が熱くなった。「失ったふるさとを取り戻しつつある」。一方、宮城県気仙沼市で進む巨大防潮堤計画に疑問がわいた。「コンクリートで一度失われた景観や暮らしは戻って来ない」

議論方法の違いなど、運営には難しい面もある。だが、若者の交流は両国の未来に欠かせない資源だ。「絶対に来年も戻ってくる」。病を治し、体力を取り戻すことが、今の自分の闘いだ。<文と写真・中西啓介>

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■人物略歴

ドイツ北西部ノルトライン・ウェストファーレン州出身。経験30年の日独交流専門家。4人娘の母でもある。